Abgeschlossene Forschungsprojekte
Lehr- und Forschungsschwerpunkt „LiTheS – Literatur- und Theatersoziologie“ (2007-2024)
Literatur- und Theatersoziologie wurde als Schwerpunkt an keinem der österreichischen Germanistik-Institute angeboten und gab dem Arbeitsbereich Neuere deutschsprachige Literatur ein spezifisches, in der österreichischen Germanistik einzigartiges Profil.
LiTheS verstand sich als Drehscheibe für vorhandene und noch anzubahnende Kontakte auf Forschungs- und v.a. Lehrebene. Dabei wurde an die bestehenden internationalen Universitäts-, Fakultäts- und Institutskooperationen angeknüpft. Die Umsetzung erfolgte zum ersten durch regelmäßige Tagungen mit Forscher:innen aus der Soziologie, der Kultur-, Literatur-, Theater-, Kunst- und Musikwissenschaft sowie der Philosophie und der Theologie. Nach einem Start-up-Workshop 2007 standen folgende Tagungsthemen im Mittelpunkt: „Habitus“ (2009), „Das Lachen und das Komische“ (2011), „Person – Figur – Rolle – Typ“ (2013), „Mode – Geschmack – Distinktion“ (2015) und „Das Politische, das Korrekte und die Zensur“ (2017). Die Tagungen wurden innerhalb der germanistischen und soziologischen Curricula im Master- und Dissertationsstudium als Lehrveranstaltungen angeboten. Die Vertiefung des Lehrschwerpunkts LiTheS erfolgte durch eine weitere Öffnung nach außen: durch regelmäßige themeneinschlägige Gastprofessuren oder Gastlehrveranstaltungen.
Dokumentation
LiTheS. Zeitschrift für Literatur- und Theatersoziologie
Die seit 2008 halbjährlich erscheinende Zeitschrift bietet - auch nach der Schließung des Lehr- und Forschungsschwerpunkts - ein internationales Forum für die bislang verstreuten literatur- und theatersoziologischen Forschungsaktivitäten weltweit (Zeitschriftensprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch). Sie enthält: Methodologische Grundrisse, wie sie von einzelnen Soziolog:innen oder soziologischen Schulen auch für die historischen und philologischen Disziplinen entwickelt wurden (z.B. Elias, Bourdieu u.a.); Abhandlungen zu interdisziplinären Schnittstellen im Sinne möglicher Berührungspunkte oder thematischer wie methodologischer Gemeinsamkeiten von soziologischen Denkansätzen einerseits und andererseits den Kulturwissenschaften, den Gender Studies, der Postkolonialen Literaturtheorie, dem Poststrukturalismus u.a.; literatursoziologische und theatersoziologische Fallstudien. LiTheS erscheint als Open Access-Zeitschrift auf unipub, dem Publikationsserver der Universität Graz, unter https://unipub.uni-graz.at/lithes?lang=de.
Herausgeberinnen:
Ao. Univ.-Prof.in i.R. Mag.a Dr.in phil. Beatrix Müller-Kampel
E-Mail: beatrix.mueller-kampel(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2453
Prof.in Dr.in Marion Linhardt
E-Mail: marion.linhardt(at)uni-bayreuth.de
LiTheS Verlag und Archiv im Netz
Zugänglich gemacht wurden über Verlag und Archiv die aus der Forschungsgruppe LiTheS hervorgegangenen Studien und Editionen, z. Zt. abrufbar unter: https://web.archive.org/web/20221129151945/http:/lithes.uni-graz.at/
Posthumanismus. Transhumanismus. Jenseits des Menschen?
7. Jahrestagung der Kulturwissenschaftlichen Gesellschaft (KWG)
25. bis 28. Mai 2022, Universität Graz
Konzept und Organisation: Hildegard Kernmayer, Marietta Schmutz
Angesichts sich erweiternder Bio- und Informationstechnologien stellt sich auch die Frage nach dem Menschsein neu. Gentechnik, Nanotechnologie, KI-Forschung und nicht zuletzt die durch die Digitalisierung des Alltags gängigen Mensch-Maschine-Interaktionen zielen sämtlich auf die ‚Verbesserung des Menschen‘, die mit der Überschreitung seiner eingeschränkten biologischen Möglichkeiten einhergehen soll. Populäre Vertreter*innen des sogenannten Transhumanismus, der sich die Modifizierung und Optimierung des unspezialisierten biologischen ‚Mängelwesens‘ Mensch zum Ziel setzt, prognostizieren eine nicht allzu ferne Zukunft, in der künstliche Superintelligenzen menschlichen Alltag bestimmen und ‚erleichtern‘ und den Menschen aus verdinglichenden Produktions- und Reproduktionsprozessen befreien, in der Funktionen des menschlichen Körpers schrittweise optimiert und Technologien wie ‚mind-uploading‘ schließlich ‚Unsterblichkeit‘ ermöglichen werden.
Für den ‚Kritischen Posthumanismus‘ dagegen, der vor allem die ethisch-philosophischen Konsequenzen eines scheinbar unaufhaltbaren technologischen Fortschritts diskutiert, schwindet mit der Auflösung der Grenzen zwischen Geist und Materie, Mensch und Natur, Mensch und Ding auch „die räumliche, ontologische und erkenntnistheoretische Auszeichnung, die den Menschen absondert“ (Karen Barad). Die Einsicht, nicht mehr das ‚Maß aller Dinge‘ zu sein, könnte auch einen reflektiert-nachhaltigen Umgang des Menschen mit seiner Umwelt und den sogenannten Ressourcen befördern.
Die Konferenz beleuchtet das umfangreiche Thema mit verschiedenen Schlaglichtern, aber vor allem aus kulturwissenschaftlicher Perspektive.
Zum Programmheft
Steirische Literaturpfade des Mittelalters
Lesezeichen im öffentlichen Raum als Netzwerk der Erinnerung
Dieses Projekt von Herrn Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister und Frau Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Andrea Hofmeister brachte den Reichtum der mittelalterlichen steirischen Literatur einer breiteren Öffentlichkeit näher, insbesondere aber den steirischen Schulen.
Die Literaturpfade können jetzt in der vom Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz erstellten Literaturpfade-Doku auch virtuell besucht werden.
Laufzeit: 2012-2022
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister in Zusammenarbeit mit Frau Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Andrea Hofmeister
E-Mail: wernfried.hofmeister(at)uni-graz.at
E-Mail: andrea.hofmeister(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2456
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag.a Dr.in phil. Ylva Schwinghammer, Mag. phil. Jürgen Ehrenmüller
Nährere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projekt-Website.
Deutsche WortSchätze
Aufbauend auf einem im Jahr 2000 vom Land Steiermark geförderten und 2003 abgeschlossenen Teilprojekt zielt dieses sprachpädagogische Langzeitprojekt darauf ab, den Einfluss verschiedener historisch prägender Lebensbereiche auf die Metaphorik der deutschen Gegenwartssprache bewusst und umfassend nachvollziehbar zu machen.
Laufzeit: 2000-09.2022
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister
E-Mail: wernfried.hofmeister(at)uni-graz.at
Nähere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projekt-Website.
Variantengrammatik des Standarddeutschen
D-A-CH-Projekt zur Erforschung des deutschen Gebrauchsstandards
Die grammatische Variation in der deutschen Standardsprache ist ein Gebiet innerhalb der linguistischen Forschung, das bisher kaum Beachtung gefunden hat.
Dieses trinationale Vorhaben (D, A, CH) sollte der Tendenz, sprachliche Variation als „Fehler“ einzustufen, entgegenwirken. Eine Akzeptanz und Darstellung dieser Variabilität war somit neben wissenschaftlicher und sprachdidaktischer auch vor allem von sprachpolitischer Bedeutung.
Laufzeit: 2011-2018
Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. phil. Arne Ziegler
E-Mail: arne.ziegler(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-8165
Projektmitarbeiterinnen: Elisabeth Scherr, MA, Anna Thurner, MA
Fördergeber: FWF und SNF
Nähere Informationen über das Projekt finden Sie auf der Projekt-Website.
Exhaustivity in Cleft Sentences (ExCl)
There has been a long-standing debate in the theoretical literature at the semantics-pragmatics interface regarding exhaustivity in cleft sentences. While in recent years the majority of theoretical approaches tends towards a semantic analysis of the phenomenon of exhaustivity in clefts (see, e.g., Velleman et al 2012, Büring and Kriz 2013), new experimental studies (e.g., Onea and Beaver 2009, Drenhaus et. al 2011, Washburn et al. 2013) rather support the pragmatic position; cf. Horn (1981). At closer inspection, however, the experimental studies appear not to be entirely conclusive. This is primarily due to the difference between at-issue and non-at-issue inferences (see, e.g., Tonhauser et. al. 2013) not being sufficiently taken into consideration. Moreover, existing studies were not systematically handled.In this project we aim to bridge the divide between several theoretical analyses of cleft sentences and the experimental literature through a series of systematic experiments which will allow one to answer the question whether clefts are semantically or pragmatically exhaustive. Our experiments are able to check subtle differences in the predictions made by diverse theories on exhaustivity in clefts, for instance, the predictions from theories that ascribe exhaustivity to implicatures, conditional presuppositions, maximality presuppositions, and (non-)at-issueness. The predictions which we are concentrating on concern contextual enrichment dependent on factors such as salience, expectation, and crosslinguistic differences.
Funding period: 2014-2017. This project is continued by „Exhaustiveness in embedded questions across languages (ExQ)“.
Principal investigators: Univ.-Prof. Dr. phil. Edgar Onea Gaspar
E-Mail: edgar.onea-gaspar(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2633
Prof. Dr. Malte Zimmermann
E-Mail: mazimmer(at)uni-potsdam.de
Tel.: +49 331 977-2319
Staff: Joseph P. DeVeaugh-Geiss, Swantje Tönnis, Anne Mucha, Anna-Christina Pavlovic
Funding organization: DFG
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Exhaustiveness in embedded questions across languages (ExQ)
Theoretical literature offers an ongoing debate about the interpretation of embedded questions, such as “Ms. Smith knows who solved the problem”. Under a strong exhaustive reading, the sentence suggests that Ms. Smith has to know the complete list of people who solved the problem, and moreover that this list is complete. Groenendijk and Stokhof (1984) argued that this is the only available reading, whereas other scholars (e.g. Guerzoni & Sharvit 2007, Uegaki 2015) point out the possible existence of weak or intermediate readings. Under a weak exhaustive interpretation, Ms. Smith would not need to know that the list is complete as long as she knows the complete list. The theoretical literature focuses strongly on the various ways in which the respective readings, and only the respective readings, can be derived. The main research question is whether the different readings are semantic in nature, or whether they result from pragmatic inferencing based on various factors such as the domain of quantification, at-issueness, utility etc.
The empirical basis of this theoretical discussion is less clear, however. There is only one experimental study (Cremers and Chemla 2016) that tries to elucidate the empirical situation, but this study is limited to two embedding verbs in English. Experimentally controlled data on embedded questions in other languages and with more verbs of embedding are not available.
The proposed project attempts to close this research gap by conducting a series of experiments on the interpretation of embedded questions in a wide range of unrelated languages (from Ulster English to Akan (Kwa, Niger-Congo)). The questions are embedded under various verbs (e.g. “know”, “surprise”, “predict”, “tell”) and tested in two independent experimental paradigms against all combinations of readings discussed in the literature: Experimental paradigm I employs a sentence-verification task, whereas experimental paradigm II employs a felicity-judgment task. The two experimental paradigms complement each other, and they will provide clear evidence as to which of the exhaustive readings of embedded questions are pragmatic in nature, and what contextual factors affect their derivation.
Since the exhaustivity of embedded questions is of fundamental importance for the theoretical discussion of what questions are (e.g. partitions or Hamblin-alternatives), the theoretical implications of the expected results of the project are far-reaching. They pertain to all areas in discourse semantics and pragmatics that rely on questions as semantic objects, including presupposition projection, exhaustification, derivation of scalar implicatures etc.
Funding period: 2017-2021
Principal investigators: Univ.-Prof. Dr. phil. Edgar Onea Gaspar
E-Mail: edgar.onea-gaspar(at)uni-graz.at
Tel. +43 316 380-2633
Prof. Dr. Malte Zimmermann
E-Mail: mazimmer(at)uni-potsdam.de
Tel.: +49 331 977-2319
Staff: Lea Fricke, MA
Former staff: Carla Bombi, Dr. Dominique Blok
Funding organization: DFG
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Jugendsprache(n) in Österreich
Zur Interaktion von Dialekt und alterspräferentiellem Sprachgebrauch
Der regen Auseinandersetzung mit dem Sprachgebrauch Jugendlicher in der bundes- und schweizerdeutschen Germanistik steht eine in Österreich de facto nicht existente Jugendsprachforschung gegenüber. Die Erforschung alterspräferentieller Varianten hinsichtlich des Zusammenspiels verschiedener Sprechstile, Varietäten und (Fremd-)Sprachen stellt in Österreich ein dringendes Desideratum dar. Das Projekt widmet sich daher Jugendsprache(n) in Österreich aus variationslinguistischer und pragmatischer Perspektive und liefert Analysen grammatischer sowie prosodischer Phänomene in mündlichen Äußerungen Jugendlicher Österreichs.
Jugendlicher Sprachgebrauch wird als Teil des Spektrums muttersprachlicher bzw. lokalsprachlicher Kompetenz aufgefasst. Da Jugendsprachen in Österreich stark dialektal beeinflusst sind, bezieht das Projekt eine dialektologische Perspektive mit ein, berücksichtigt aber auch – besonders im Bereich urbaner Ballungszentren – Phänomene des Sprachkontakts mit Migrationssprachen.
Drei zentrale Ziele werden dabei verfolgt: Erstens sollen erstmalig in diatopischer Gewichtung Freizeitgespräche unter Jugendlichen sowie als Vergleich Gespräche unter Erwachsenen in Österreich als Korpus dokumentiert und nach Abschluss des Projekts der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Zweitens wird als linguistisches Ziel die Erfassung und Beschreibung alterspräferentieller Varianten mit besonderem Fokus auf dem Zusammenhang von Jugendsprache und Dialekt verfolgt.
Drittens hat das Projekt ein didaktisches Ziel: Die Projektergebnisse sollen methodisch-didaktisch aufbereitet und in Auszügen als Materialien für den muttersprachlichen Deutschunterricht, aber auch für den DaZ- und DaF-Unterricht, angeboten werden.
Laufzeit: 08.2013-12.2017
Projektleiter: Univ.-Prof. Dr. phil. Arne Ziegler
E-Mail: arne.ziegler(at)uni-graz.at
Tel.: +43 b316 380-8165
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Dr.in phil. Melanie Lenzhofer-Glantschnig, Georg Oberdorfer, MA, Anna Weiß, MA
Fördergeber: FWF
Nähere Informationen finden Sie auf der Projekt-Website.
Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters 3D
Literatur- und Wissensvermittlung im öffentlichen und digitalen Raum
Der Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfade des Mittelalters versteht sich seit 2012 nicht nur als Ergänzung zum bildungstouristischen Angebot der Steirischen Literaturpfade des Mittelalters, sondern betreibt darüber hinausgehend eigenständige fachdidaktische Forschung, die sich den zentralen Fragen der Deutschdidaktik aus dem besonderen Blickwinkel der Vermittlung älterer deutscher Literatur im schulischen Bereich wie auch im öffentlichen Raum widmet, wobei in der nunmehr dritten Laufzeit das Verständnis eines literarischen Textes als Speicher und Katalysator von Wissensbeständen eine zentrale Rolle einnimmt, den es in enger Zusammenarbeit von Forschenden, Lehrenden und Lernenden für den Schulbereich sowie die Kulturvermittlung im öffentlichen Raum zu erschließen gilt. Das Herzstück des Projektes stellt das mit dem Austrian Center for Digital Humanities entwickelte Textportal dar, das eine eigenständigen Erschließung der von den Schülerinnen und Schülern aufbereiteten mittelalterlichen Literaturzeugnisse ermöglicht und eine Fülle von begleitenden Materialien bereithält.
Laufzeit: 07.2017-12.2019
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister
E-Mail: wernfried.hofmeister(at)uni-graz.at
Projektkoordinatorin: Mag.a Dr.in phil. Ylva Schwinghammer
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag.a phil. Lisa Glänzer, Mag. phil. Wolfgang Holanik, Magdalena Laura Halb
Studentische Hilfskräfte: Selina Galka, Stefan Hofbauer
Fördergeber: Sparkling Science
Nähere Informationen finden Sie auf Facebook.
Nahrhaftes Mittelalter – Historische Kulinarik und Diätetik zwischen Orient und Okzident
Als eines der Grundbedürfnisse des Menschen ist die Ernährung in allen Kulturen ein wichtiges Thema und erstreckt sich über die verschiedensten Lebensbereiche. In der mittelalterlichen Denkweise nimmt sie einen besonders hohen Stellenwert ein, nicht nur als physische Notwendigkeit, sondern in der gesamten Lebensführung (Diätetik), einschließlich der Gesundheitsprophylaxe und darüber hinaus im symbolischen Sinn. Die gedankliche Basis für die historische Gesundheitsvorsorge bildet die aus der Antike tradierte und in der orientalischen Medizin systematisierte ganzheitliche Sicht auf das Zusammenspiel zahlreicher Einflussfaktoren, denen der Mensch als Mikrokosmos im Makrokosmos andauernd ausgesetzt sei. Die symbolische Aussagekraft rührt zum einen aus der in jener Zeit alles dominierenden christlichen Religion, zum anderen aus dem für das Mittelalter charakteristischen gesellschaftlichen Ordo-System sowie aus sozioökonomischen Rahmenbedingungen. Die mittelalterliche Kulinarik Europas steht dabei nicht nur unter saisonalen und regionalen Einflüssen, sondern auch in regem Austausch mit anderen Kulturräumen, v.a. dem Orient. Kochrezepttexte aus dieser Zeit sind demnach nicht nur als Anleitungen zur Herstellung von Speisen zu lesen, sondern transportieren zusätzlich eine Menge an kulturgeschichtlichen Informationen.
Im Rahmen des Projektes sollen Traditionslinien und Verbreitung ausgewählter mittelalterlicher Kochrezepte gemeinsam mit Schüler/innen unterschiedlicher Schulstufen näher erforscht, praktisch erprobt und nach heutigen Maßstäben geprüft und bewertet werden. Der kontrastive Vergleich von Ernährungsgewohnheiten und Gesundheitslehre des Mittelalters mit dem aktuellen Wissensstand ist nicht nur diachron erkenntnisreich, sondern eignet sich in weiterer Folge dazu, die Erkundung und Beurteilung des eigenen Standortes in der Gegenwart zu befördern sowie – auf kulturelle Unterschiede in der heutigen Gesellschaft übertragen – integrationspolitisch genützt zu werden.
Laufzeit: 10.2017-12.2019
Projektleitung: Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Andrea Hofmeister
E-Mail: andrea.hofmeister(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2456
Projektkoordinatorin: Mag.a Dr.in phil. Ylva Schwinghammer
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag.a phil. Lisa Glänzer, Mag. phil. Wolfgang Holanik, Magdalena Laura Halb
Fördergeber: Sparkling Science
Das Projekt verfügt über einen Wordpress-Blog und einen Facebook-Account.
Arbeitskoffer 2.0 zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters
Die Vermittlung mittelalterlicher Texte im medialen Spannungsfeld von Wort, Schrift und Gedächtnis
Aufbauend auf den Resultaten der ersten „Arbeitskoffer“-Laufzeit, die sich mit Inhalt und Sprache der Texte rund um das „Mutterprojekt“ der „Steirischen Literaturpfade des Mittelalters“ befasste, steht im Folgeprojekt Arbeitskoffer 2.0 rund um Entstehung und Überlieferung der mittelalterlichen Texte das Thema Medialität im Zentrum der Kooperation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Studierenden, Lehrerinnenen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern, verbunden durch das Thema Gedächtnis auf schriftlicher wie mündlicher Ebene. Erstmalig kann so ein wirklich umfassendes didaktisches Vermittlungsangebot für ältere Texte im Unterricht entworfen werden.
Laufzeit: 2014-2016
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister
E-Mail: wernfried.hofmeister(at)uni-graz.at
Wissenschaftliche Beratung: Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Andrea Hofmeister
Projektkoordinatorin: Mag.a Dr.in phil. Ylva Schwinghammer
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag.a phil. Lisa Glänzer, Mag. phil. Wolfgang Holanik, Magdalena Laura Halb
Studentische Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Michael Ackerl, BA, Sabrina Bamberger, Tatjana Lüppens
Fördergeber: Sparkling Science
Nähere Informationen und Materialien finden Sie im Arbeitskoffer-Textportal.
Dialect Cultures II - Database, Editions and Aesthetics
Mundartliche Kunst erlebte im bairisch-österreichischen Sprachraum bereits vor 1800 eine erste Blüte. Auf den Bühnen traten „bäuerliche“ Spaßmacher auf, mit dialektaler Propaganda wurde das Volk herrschertreu oder ‑kritisch gestimmt, Kaiser Leopold I., Mozart und Haydn komponierten zu Mundarttexten und gerade tabuisierte Bereiche wurden in der ‚gemeinen‘ Sprache thematisiert. Das vorliegende Projekt möchte ein umfassendes Bild der ästhetischen und funktionalen Möglichkeiten der Dialektkunst im 17. und 18. Jahrhundert geben. Es will Quellen erschließen und das imposante Spektrum der Erscheinungsformen vergegenwärtigen, es will Ansätze aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenführen, um auf philologisch gesicherter Basis die historische Bedeutung des künstlerischen Mundartgebrauchs sichtbar zu machen. Kernstück des Projekts ist eine Datenbank, die zurzeit über 1300 Werke in mehr als 1900 Varianten umfasst.
Laufzeit: 05.2013-04.2016
Projektleitung: Priv.-Doz. Mag. Dr. phil. Christian Neuhuber
E-Mail: christian.neuhuber(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316-380-8363
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Stefanie Edler, Katharina Forstner, Elisabeth Zehetner
Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden
Neue Konzepte und Materialien zur Vermittlung älterer deutscher Texte. Ergänzung zum bildungstouristischen Angebot der Steirischen Literaturpfade des Mittelalters
Das Sparkling-Science-Projekt Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden versteht sich als Ergänzung zum bildungstouristischen Angebot der Steirischen Literaturpfade des Mittelalters und bietet ein innovatives didaktisches Vermittlungsangebot, in dessen Zentrum die mittelalterliche Literatur der Steiermark steht. Gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern und Studierenden entwickelte, praxiserprobte Materialien für unterschiedliche Schulstufen und -typen erschließen die (literarische) Welt des steirischen Mittelalters als (außer-)schulischen und digitalen Lernort. Texte, Materialien und ein begleitendes Wiki mit Hintergrundinformationen zur mittelalterlichen Steiermark stehen über das Arbeitskoffer-Textportal frei zur Verfügung.
Laufzeit: 10.2012-09.2014
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister
E-Mail: wernfried.hofmeister(at)uni-graz.at
Wissenschaftliche Beratung: Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Andrea Hofmeister
Projektkoordinatorin: Mag.a Dr.in phil. Ylva Schwinghammer
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag. phil. Jürgen Ehrenmüller, Magdalena Laura Halb
Fördergeber: Sparkling Science
Dialektkulturen. Zur Ästhetik der bairisch-österreichischen Mundart in Literatur, Theater und Musik des 17. und 18. Jahrhunderts
Laufzeit: 05.2010-10.2013
Projektleitung: Priv.-Doz. Mag. Dr. phil. Christian Neuhuber
Fördergeber: FWF
Steirische Literaturpfade des Mittelalters (SteiLitMa) – Machbarkeitsstudie
Fördergeber: Land Steiermark, Stadt Graz, Universität Graz
Nähere Informationen finden Sie hier.
Kasperls komische Erben
Thaddädl, Staberl, Kratzerl & Co. Wiener Volkskomödie im Wandel. Von der Typenkomik Anton Hasenhuts bis zur Charakterkomik Ferdinand Raimunds
Seit Jahren dringt verstärkt das Schlagwort „kulturelles Erbe Österreichs“ in unser Bewusstsein vor, seit Jahren wird der Ruf nach einer neuerlichen, weniger austriakisch ideologisierten und stattdessen sachlich vertieften Auseinandersetzung mit der österreichischen Kulturgeschichte laut und seit Jahrzehnten bereits verlangt die Forschung konkret nach der Erschließung von literarisch-theatralischen Texten, die von der Kanonbildung aus schlichter Unkenntnis oder aus Fixierung auf textfremde Wertmaßstäbe ausgeschlossen wurden und somit dem Vergessen zufielen. Diesen Fehler möchte das Projekt Kasperls komische Erben korrigieren: Die Wiederentdeckung des soziokulturellen Lebens Wiens (und seiner Vorstädte) an der Wende zum und im beginnenden 19. Jahrhundert soll anhand von Theaterstücken – konkret den Komödien des für das Wiener Gesellschaftsleben relevantesten Theaters, nämlich des Leopoldstädter Theaters – erfolgen, und zwar durch eingehende Beschäftigung mit den Autoren, Schauspielern, dem Publikum und natürlich den Texten, die als Grundlage für die literatursoziologische Studie und gleichzeitig zur eine interessierte Leserschaft kritisch ediert werden sollen, zumal sie zum großen Teil noch niemals – wie etwa die handschriftlichen Textbücher Franz Xaver Karl Geweys oder Therese Krones’ – gedruckt wurden.
Inhaltlich beschäftigt sich das Projekt mit der Entwicklung der Komik/der Komödie nach dem Tode Kasperl-La Roches (1806), dessen Schauspielleistung das Leopoldstädter Theater zum Anziehungspunkt für die kulturelle Elite Österreichs um 1800 machte. Nach seinem Ableben setzt Anton Hasenhut als „Thaddädl“ die Tradition der Lustigen Figur fort und bald treten weitere Figuren an seine Seite – „Staberl“ (Bäuerle), Lorenz (Gewey) und zuletzt „Kratzerl“, der von Ferdinand Raimund genial verkörperte Lustigmacher. Bemerkenswert ist dabei die Wandlung der Komik, deren vorläufiger Endpunkt mit der Genialität Raimunds anzusiedeln ist. Nicht eine Figur ist der alleinige Spaßmacher, die Komik wird von mehreren/vielen getragen und äußert sich auf ungemein vielfältige Weise, gleichzeitig wird die lustige Figur zusehends sozialisiert und verbürgerlicht und kann vom Publikum als eine Art Identifikationsfigur – und seien es die schlechten Eigenschaften des ungeliebten Nachbarn – vereinnahmt werden. Summa summarum besteht das Ziel der Studie zum Komikwandel darin, ausgehend von den, im Vorprojekt Mäzene des Kasperls synchron gewonnenen Befunden zum komischen Habitus von La Roche-Kasperl im theatralen Feld um 1800 um die diachrone Perspektive zu erweitern. Die ersten Recherchen erlauben eine zweifache Hypothese: dass die Komik sich diversifiziert (von einer Figur auf mehrerer Figuren), individualisiert (vom Figurentypus auf auktoriale Charaktere) und möglicherweise auch geschlechtsrollenspezifisch ausdifferenziert.
Neben den genannten Autoren (Bäuerle, Gewey, Krones) sollen überdies Joseph Alois Gleich, Friedrich Joseph Korntheuer, Ferdinand Kringsteiner, Karl Meisl und quasi als „Gast“ Emanuel Schikaneder (der zwar nicht am Leopoldstädter Theater dichtete, aber dennoch von großem Interesse für die Studie ist) „zu Wort kommen“; darüber hinaus müssen die Schauspieler Ignaz Schuster, Anton Hasenhut, Jakob Lessel, Ferdinand Raimund, Anton Schmitt und natürlich die Aktricen Katharina Ennöckl, Johanna Huber, Josepha Sartory sowie die erste „Diva“ Therese Krones Beachtung finden, da ihr Spiel die Theaterstücke zum Leben erweckte und somit den implizierten sozialen Raum des Theaterlebens nachvollziehbar macht.
Laufzeit: 08.2009-09.2011
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in phil. Beatrix Müller-Kampel
E-Mail: beatrix.mueller-kampel(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2453
Projektmitarbeiterinnen: Mag.a Dr.in phil. Andrea Brandner-Kapfer, Mag.a phil. Jennyfer Großauer-Zöbinger
Fördergeber: FWF
DAmalS – Datenbank zur Authentifizierung mittelalterlicher Schreiberhände
Für alle Fragen im Zusammenhang mit handschriftlicher Textüberlieferung aus mittelalterlicher Zeit ist die Sicherheit bezüglich der Authentizität aller Schreiberhände, welche an der Herstellung eines Codex beteiligt sind, von zentraler Bedeutung. Nur wenn wir in der Lage sind, ihre Schriftzüge voneinander zu unterscheiden, d.h. in weiterer Folge sie einzelnen Personen zuzuordnen, gewinnen wir gleichsam einen individuellen Fingerabdruck, der es uns erlaubt, z.B. das Schriftsystem in seiner Spannung zwischen Norm und Individuum zu beurteilen oder die Interessen und Fähigkeiten verschiedener Schreiberpersönlichkeiten mit unseren Beobachtungen zur Mitgestaltung der Überlieferung (etwa bei Auswahl, Verbesserung oder gelegentlicher Ergänzung des Textbestandes) in Zusammenhang zu bringen.
Das Pilotprojekt DAmalS (Datenbank zur Authentifizierung mittelalterlicher Schreiberhände) hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Kriterien zur Unterscheidung von Schreiberhänden in mittelalterlichen deutschsprachigen Handschriften aufzustellen und zuverlässigere Methoden und Werkzeuge für diese Aufgabe zu entwickeln. DAmalS beruht auf den drei Säulen einer elementgetreuen Basistransliteration in XML, computerbasierten graphetischen Analysen und einem neuartigen Verfahren der bildorientierten Mustererkennung. Diese Säulen sind in eine Datenbankstruktur integriert, welche sowohl die Archivierung als auch die technisch hochkomplexe Verarbeitung der Bild- und Textdokumente leistet. Auf diese Weise bietet DAmalS eine Art Brille, durch die paläographische ExpertInnen bei ihrer Schriftbegutachtung unterstützt werden.
Publikation
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister
E-Mail: wernfried.hofmeister(at)uni-graz.at
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Andrea Hofmeister; Mag.a phil. Andrea Gamweger, Mag. Dr. phil. Helmut Klug, DI Georg Thallinger
Fördergeber: Land Steiermark
Kooperationspartner: Forschungsgesellschaft Joanneum Research
Filmberichte:
- 3sat, Nano vom 29.09.2008
- ORF, Newton vom 12.04.2008
- ORF, Steiermark heute, Spuren ins Mittelalter vom 11.03.2008
Presse (Auszug):
Nähere Informationen finden Sie im Endbericht zur Pilotstudie.
Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Laufzeit: 07.2009-06.2011
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in phil. Beatrix Müller-Kampel
E-Mail: beatrix.mueller-kampel(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2453
Fördergeber: Land Steiermark
Mäzene des Kasperls Johann Joseph La Roche
Kasperliaden im Repertoire des Leopoldstädter Theaters. Kritische Edition und literatursoziologische Verortung
Obwohl die Leopoldstädter Schaubühne (von Karl v. Marinelli 1781 eröffnet) die wohl bedeutendste Spielstätte des Wiener Volksstücks genannt werden darf, fand das Repertoire des bekanntesten Schauspielers dieses Theaters, des Kasperldarstellers Johann Josef La Roche, in der literatur- wie theaterwissenschaftlichen Forschung kaum Beachtung.
Die angestrebte kritische Edition von Theaterstücken aus dem Repertoire des Leopoldstädter Kasperls alias Johann Josef La Roche soll bislang in Vergessenheit geratene Raritäten, die auf der Marinellischen Schaubühne mit dem Kasperl als beliebtesten Protagonisten zur Aufführung kamen, beleben und diese der Forschung zugänglich machen. Die begleitende, ausführlich angelegte Studie wird ein differenziertes Bild des Darstellers La Roche und der Autoren (Ferdinand Eberl, Leopold Huber, Karl Friedrich Hensler, Karl Marinelli und Joachim Perinet), die ihm die Stücke „auf den Leib schrieben“, zeichnen. Nach Kategorien der Feld-Theorie Pierre Bourdieus sollen die Autoren literatursoziologisch verortet und überdies die Spezifika des theatral-kulturellen Feldes in Wien bzw. im deutschsprachigen Österreich der damaligen Zeit rekonstruiert werden.
Laufzeit: 01.2008-01.2009
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in phil. Beatrix Müller-Kampel
E-Mail: beatrix.mueller-kampel(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2453
Projektmitarbeiterinnen: Mag.a Dr.in phil. Andrea Brandner-Kapfer, Mag.a phil. Jenyfer Großauer-Zöbinger
Fördergeber: FWF
Presse: Die Presse, 06.09.2009
Briefe an Anastasius Grün
Im Zuge des Projekts wurde die Korrespondenz der Grün (Pseudonym für Anton Alexander Graf von Auersperg)-Briefpartner Eduard von Bauernfeld, Franz Vinzenz Ignaz Castelli und Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (Scholz) bzw. Bartholomäus von Carneri und Josef Freiherr von Hormayr zu Hortenburg (Payer) transliteriert und (teil)kommentiert.
Laufzeit: 07.2007-09.2008
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in phil. Beatrix Müller-Kampel
E-Mail: beatrix.mueller-kampel(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2453
Projektmitarbeiterinnen: Mag.a Dr.in phil. Birgit Scholz, Dr.in Margarete Payer
Fördergeber: Land Steiermark
Die Lebenszeugnisse Oswalds von Wolkenstein
Editition und Kommentar, Band 1-4
Projektleitung: Em. Univ.-Prof. Dr. Anton Schwob
E-Mail: anton.schwob(at)uni-graz.at
Projektmitarbeiterinnen: Mag.a Dr.in phil. Karin Kranich, Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in phil. Brigitte Spreitzer-Fleck
Fördergeber: FWF
Die hochdeutschen Lustspiele von P. Maurus Lindemayr (1723-1783)
Historisch-kritische Gesamtausgabe mit Kommentar und Studie
Die erste Gesamtedition der hochdeutschen Lustspiele P. Maurus Lindemayrs OSB (1723-83) soll bislang lediglich handschriftlich überlieferte Stücke der Forschung zugänglich machen und - mit einer ausführlichen Studie - ein differenzierteres Bild sowohl des berühmten oberösterreichischen Mundartautors als auch der Theaterproduktion der damaligen Zeit ermöglichen.
Laufzeit: 05.2003-06.2004
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in phil. Beatrix Müller-Kampel
E-Mail: beatrix.mueller-kampel(at)uni-graz.at
Tel.: +43 316 380-2453
Projektmitarbeiter: Priv.-Doz. Mag. Dr. phil. Christian Neuhuber
Fördergeber: FWF
WortSchätze in Schloss und Burg bzw. Wehrhafte WortSchätze
Zu unseren allermarkantesten sprachlichen „Erinnerungen“ seit dem Mittelalter und davor zählen kriegerische Erfahrungen, und dementsprechend hoch ist die Zahl an heute gebräuchlichen wehrhaft-martialischen Wörtern und Wortverbindungen. Als alltäglich gewordene Metaphern trifft man sie bevorzugt im Vokabular von Politik und Presse an, weil dort täglich Menschen unter Beschuss geraten, ins Visier genommen werden oder im Kreuzfeuer der Kritik stehen. Verbreitet hört man aber auch, dass jemand etwas im Schilde führe, Lunte gerochen habe, einen Spießrutenlauf fürchte oder bald eine Bombe platzen werde.
Laufzeit: bis 2003
Projektleitung: Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. phil. Wernfried Hofmeister
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag.a phil. Petra Kern, Mag. Dr. phil. Helmut Klug, Gabriele Schmölzer
Fördergeber: Land Steiermark
Nähere Informationen finden Sie im Abschlussbericht.
Literatur und Medien
Das Forschungsprojekt „Literatur und Medien“ nimmt die Herausforderung durch die moderne technisch-mediale Kommunikationsumwelt an - dies allerdings nicht in Form von spekulativen Überlegungen über die Zukunft der Poesie im Medienzeitalter (wie sie gegenwärtig den mainstream in der Hochschulgermanistik bilden), sondern in Form der historischen Rekonstruktion der technisch-medialen Kultur. Dabei konzentriert sich das Projekt ausdrücklich auf die technische Geschichte der Medien, und zwar gestützt auf die Annahme, dass die technische Logik der Kommunikationssysteme sich immer schon auf die Form und Struktur literarischer/poetischer Texturen niedergeschlagen hat. Literatur/Poesie ist in ihren Formen und Strukturen, soweit diese ihr Historisches ausmachen, „sedimentierte technische Mediengeschichte“. Für die Literaturwissenschaft bedeutet dies, dass sich ihr die Aufgabe stellt, ein entsprechendes Interpretationsparadigma zu entwickeln, um die Poesie in ihrer Bedingtheit durch den technisch-medialen Entwicklungsstand zu begreifen. Anzusetzen ist beim medientechnischen Paradigmawechsel Buchdruck, dem die Kategorie autonomer ästhetischer Literatur allererst entwächst; fortzusetzen ist beim Aufkommen der Technologien der Aufnahme, Speicherung und Reproduktion analoger optischer und akustischer Informationen, die das Poetische von seinen grundlegenden Funktionen der mimetischen Illusionierung suspendieren und damit als wesentliches Movens des poetischen Strukturwandels in der Moderne betrachtet werden müssen. Bedenkt man den Reichtum romantischer Poesie an optischen und akustischen Fiktionen, Halluzinationen, Simulationen etc., so erscheint es nicht erstaunlich, dass die Medientechnologie Film (und zwar schon in frühen Tagen) diese optischen und akustischen poetischen Wirklichkeiten umsetzt in analoge Leinwandrealität.
Die Poesie ihrerseits reagiert auf diesen Bruch ihres Monopols in vielfältiger Weise. Sie kann einerseits „filmisch“ werden wie in F. Kafkas „Der Verschollene“, ihre mimetischen Erzähltechniken können sich an jene des neuen Mediums anpassen. Sie kann sich andererseits auf ihre eigene Medialität besinnen; die Wortspiele bzw. die Buchstabenpoesie eines J. Joyce, A. Schmidt etc. veranschaulichen das. In jedem Fall aber wird das historische Auftreten eines „neuen“ Mediums einen strukturellen und formalen Wandel in der Poesie evozieren. Diese technisch-medial konditionierten literarischen Wandelerscheinungen stellen sich als weitestgehend unerforscht dar. Dies gilt für die Veränderung der Poesie auf Grund des Übergangs von mündlich tradierter Dichtung zu schriftlich und schließlich drucktechnisch überlieferter Literatur ebenso wie für die zunehmende Differenzierung literarischer Gestaltungsformen angesichts konkurrierender analoger und digitaler Medientechnologien.
Zur Durchleuchtung der Interdependenz zwischen Mediengeschichte und Literaturgeschichte will das Projekt in folgender Weise beitragen: Erstens soll die Geschichte der technischen Medien erforscht werden, wobei der Akzent auf ihrer technischen Logik, dem Prinzipiellen ihres technischen Funktionierens und ihres Leistungsbereichs liegt, ohne dass die sozialen und ökonomischen Aspekte der neuen Technologien ganz außer acht gelassen werden. Diese Kompilation, die gegenwärtig in systematischer Konzeption noch nicht vorliegt, soll die Grundlage abgeben zu zweitens einer systematischen Korrelation zwischen der Literatur/Poesie und den technischen Medien. Ziele des Projekts sind hierbei die Erörterung methodisch-theoretischer Probleme, die Konzeption von Hypothesen hinsichtlich der zu entwickelnden medienlogischen Leitlinien des Textverständnisses sowie exemplarische Einzelanalysen, anhand derer das Konzept erprobt werden kann.
Projektleitung: Em. Univ.-Prof. Dr. phil. Hans Hiebel
E-Mail: hans.hiebel(at)uni-graz.at
Projektmitarbeiter: Mag. Dr. phil. Heinz Hiebler, Mag. Dr. phil. Karl Kogler, Mag. Dr. phil. Herwig Walitsch
Fördergeber: FWF
Erhebung der Mundarten und geographischen Namen der Steiermark
Mit dem genannten Projekt wurde das Ziel verfolgt, in den 3 steirischen Vermessungsbezirken Deutschlandsberg, Hartberg und Judenburg Ortsdialekte und geographische Namen (Mikro- und Makrotoponyme) vollständig zu erfassen. Diese Dokumentation auf Basis direkter Erhebungen sollte im Hinblick auf ältere Aufnahmen (Deutscher Sprachatlas, Deutscher Wortatlas u.a.) eine ergänzende und aktualisierende Funktion erfüllen. Im namenkundlichen Bereich sollte eine erste Grundlage für ein steirisches Toponomastikon geschaffen werden.
Konzeption und Durchführungsphasen
Erhebungen im Untersuchungsraum, in angrenzenden steirischen Gemeinden, aber auch in benachbarten Bezirken anderer Bundesländer wurden seit Mitte der 70er Jahre durchgeführt. In dieser ersten Durchführungsphase des Projekts geschah dies durch ein entsprechendes Themenangebot für Lehramts-Hausarbeiten. In der zweiten Phase, ab WS 84/85, wurde ein Seminar mit dem Titel Deutsche Mundartforschung, Sprachsoziologie und Namenkunde konzipiert und kontinuierlich als Seminar zur deutschen Sprache angeboten. In diesen Lehrveranstaltungen wurden Studierende so gezielt wie möglich als Exploratorinnen und Exploratoren ausgebildet. Die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer führten selbstständig planmäßige Erhebungen in einer Gemeinde ihrer Wahl durch und lieferten das kommentierte Datenmaterial in Form einer Projekt-Seminararbeit ab. Ab SS 93, dem Beginn der dritten Durchführungsphase des Projekts, wurden schließlich alternierend die Seminare Deutsche Mundartforschung und Sprachsoziologie (Hutterer/Pauritsch) und Theoretische und empirische Aspekte der Namenforschung (Hutterer/Windberger-Heidenkummer) abgehalten, um eine Vertiefung in den beiden Schwerpunkten zu ermöglichen. Eine zusätzliche theoretische und praktische Schulung der studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgte im begleitenden Gehörschulungs- und Transkriptionskurs.
Erhebungsunterlagen und Datenmaterial
Alle dialektologischen Erhebungen enthalten Sprachdaten, die durch Abfragen einer unter laut- und wortgeographischen Aspekten erstellten „Wortliste“ (mit Bildteil) erzielt wurden. Die toponomastischen Daten basieren auf einer systematischen und flächendeckenden Erhebung. Als weitere Erhebungsinstrumente wurden für die dialektologischen und onomastischen Forschungen Fragebögen entwickelt und eingesetzt. Die namenkundlichen Erhebungen wurden ausnahmslos durch Katastereintragungen in Originalbelegform gestützt. Von allen Erhebungen existieren Audioaufnahmen, im dialektologischen Bereich auch Interviewprotokolle.
Projektleitung: Em. O. Univ.-Prof. Dr. Claus Jürgen Hutterer (verstorben 1997)
Projektmitarbeiterinnen: ORätin Mag.a phil. Gertrude Pauritsch, Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in phil. Erika Windberger-Heidenkummer
Der Teilnachlass Anton E. Schönbach
Anton E. Schönbach (1848-1911) war 38 Jahre am ehemaligen Seminar für deutsche Philologie zunächst als Extraordinarius und dann als Ordinarius tätig und hinterließ einen Teilnachlass, der in das Eigentum des Seminars überging und noch heute im Grazer Institut für Germanistik verwahrt wird.
Voraussetzung des Projektes war, diesen Nachlass nach den Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen der Deutschen Forschungsgemeinschaft zugänglich zu machen.
Ziel war die wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Teilnachlasses.
Schönbachs Nachlass besteht im Wesentlichen zum einen aus Arbeiten über die ältere Literatur und Sprache. Dazu gehören vor allem Transkriptionen von kürzeren und längeren Textpassagen aus 113 mittelalterlichen Handschriften, Handschriftenverzeichnisse der von Schönbach am häufigsten besuchten Bibliotheken und Glossare sowie Zettelapparate zu mittelalterlichen Texten. Zum anderen sind uns Lebensdokumente, drei Arbeitstagebücher, 44 Deutsche Universitätskalender, worin sich Schönbachs Notizen befinden, und drei Briefbücher erhalten geblieben.
Die Transkriptionen stammen aus der Zeit vom Mai 1873 bis zum Juni 1905 und sind vorwiegend geistliche Texte, Predigten und Legenden, Forschungsschwerpunkt von Schönbach. Charakteristikum von Schönbachs Arbeit war das Zusammenstellen von Texten mit gleichem oder ähnlichem Inhalt. Er scheint sich bestimmte Themen, wie z.B. die Legende von Amicus und Amelius, gewählt zu haben und versuchte die gesamte Überlieferung dafür zu erfassen und die Abhängigkeiten der Handschriften untereinander aufzudecken. Mit Glossaren zu bestimmten Texten, z.B. zu den Benediktinerregeln, konnte er die Datierung und Ansiedlung des jeweiligen Textes in dessen Sprachraum festlegen.
Mit den Arbeitstage-, Briefbüchern und Kalendern, worin sich ebenso Eintragungen Schönbachs finden, wird die Zeitspanne vom 1. Oktober 1877 bis zum 22. Juni 1911 gut dokumentiert, da Schönbach alle seine Tätigkeiten akribisch festhielt.
172 Akten, die vom Dezember 1886 bis zum August 1911 an die Vorstände des Seminars für deutsche Philologie, Schönbach und Bernhard Seuffert, geschickt wurden, stellen die personellen, räumlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dieses Seminars anschaulich dar.
Beim Sichten und Archivieren des Nachlasses zeigte sich auch, dass das Konvolut um mehrere Sammlungen erheblich angereichert wurde. 443 Seminararbeiten aus der Zeit vom Wintersemester 1878/79 bis zum Sommersemester 1914, also drei Jahre über Schönbachs Tod hinaus, vermitteln die damaligen Lehrinhalte. Ein Zettelkatalog mit den Themen der Seminararbeiten reicht sogar bis in die 40-er Jahre des 20.Jahrhunderts.
Zusammenfassend sind folgende Ergebnisse festzuhalten:
- Das Leben und Wirken von Schönbach können für seine Zeit in Graz relativ klar nachgezeichnet werden.
- Die vorhandenen Berichte und Akten über das deutsche Seminar spiegeln die Entwicklung des Grazer Instituts für Germanistik unter der Leitung von Schönbach und Seuffert wider.
- Die angereicherten Sammlungen dokumentieren einen Teil der Wissenschaftsgeschichte der deutschen Philologie, die Schönbach prägte.
Projektleitung: Em. Univ.-Prof. Dr. Anton Schwob
E-Mail: anton.schwob(at)uni-graz.at
Projektmitarbeiterin: Dr.in Margarete Payer
Fördergeber: Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
Reaktionsformen österreichischer Autorinnen im Nationalsozialismus: Ingeborg Teuffenbach, Erika Mitterer, Veronika Rubatscher
Der Forschungsauftrag umfasst die Darstellung unterschiedlicher Verhaltensweisen österreichischer Autorinnen im Nationalsozialismus 1933/1938-1945, veranschaulicht an Ingeborg Teuffenbach, Erika Mitterer und Veronika Rubatscher. Die Bandbreite der Reaktionsformen reicht dabei von vorbehaltloser NS-Begeisterung bis hin zum Widerstand gegen das Dritte Reich.
Ingeborg Teuffenbach verkörpert den Typus der erfolgreichen, vom politischen System geförderten Autorin, Erika Mitterer jenen der Inneren Emigratin, Veronika Rubatscher schließlich symbolisiert den Übergang von Innerer Emigration zum Widerstand. Eine eindeutige Zuordnung kann bisher nur bei Teuffenbach erfolgen, zu mannigfaltig sind die Probleme im Umfeld des Begriffes Innere Emigration. Wie Teuffenbach den Bereich ns-konforme Reaktionsformen vertritt, so steht Rubatscher am anderen Ende der nicht ns-konformen Reaktionsformen, während Mitterer den Übergang von einer Seite auf die andere symbolisiert. Die Reaktionsformen müssen aber immer vor der Kontrastfolie der Lebens- und Schreibbedingungen der aus dem literarischen System von vorneherein ausgeschlossenen jüdischen Autorinnen, wie z.B. Alma Johanna Koenig, gesehen werden. Die Betrachtung des literarischen Systems als Ganzes führt so zur Verdeutlichung des Handlungsspielraumes des Individuums.
In weiterer Folge soll aus der Forschungsarbeit eine Typologie entstehen, mit deren Hilfe die oft nur graduell verschiedenen Reaktionsformen von Autorinnen (und Autoren) im Nationalsozialismus genauer definiert werden können. Da ich zu meinem Projektvorhaben Frauen gewählt habe, soll den weiblichen Lebens- und Schreibzusammenhängen unter den speziellen Bedingungen des Dritten Reiches besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Bisher gibt es - abgesehen von wenigen monographischen Studien - keine Untersuchung, die das Verhalten österreichischer Schriftstellerinnen im Nationalsozialismus thematisiert. Bedingt durch die langjährige Mitarbeit (1986-1998) im FWF-Projekt Österreichische Literatur im Nationalsozialismus 1938-1945 bin ich mit dem literarischen bzw. kulturpolitischen System des Dritten Reiches sehr vertraut und vermag den Handlungsspielraum von Personen im Terrorregime vor der Folie vieler, oft nur graduell unterschiedlicher Verhaltensweisen zu definieren und im Gesamtsystem zuzuordnen.
Abweichend von monographischen Verfahren, die von der Einzelperson auf das System schließen, kann vor der Kenntnis der empirischen Breite ein Panorama von vielen Reaktionsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Da mein Forschungsvorhaben geschlechtsspezifisch auf die Reaktion von schreibenden Frauen ausgerichtet ist, müssen spezifische Bedingungen mitberücksichtigt werden. Weibliche Lebens- und Schreibbedingungen unterschieden sich im Führerstaat grundlegend von jenen der männlichen Kollegenschaft.
Schon der Zugang zu literarischer Produktion war für Frauen ungleich schwieriger, wie die Mitgliederlisten der Reichsschrifttumskammer (RSK) beweisen. Das 1942 publizierte Schriftsteller-Verzeichnis der RSK verzeichnet für das gesamte Deutsche Reich 10.118 Autorinnen und Autoren, 7.993 Männer und nur 2.125 Frauen. (Die hohe Gesamtzahl ergibt sich aus der Tatsache, dass Schriftstellerinnen und Schriftsteller aller Sparten, darunter die große Gruppe der sogenannten Fachschriftstellerinnen und Fachschriftsteller, verzeichnet sind.)
Auf die „Ostmark“ entfallen 811 Autorinnen und Autoren, 630 Männer und 181 Frauen. Meine Erfahrungen aus dem oben erwähnten Projekt bestätigen diese Zahlen: Von ca. 900 für das dreibändige Handbuch der österreichischen Literatur im Nationalsozialismus [in Vorbereitung] bearbeiteten Autorinnen und Autoren sind nur ca. 200 Frauen.
Diese Autorinnen reagierten unterschiedlich auf die Gegebenheiten des Dritten Reiches. Grundlage der Analyse ist die funktionale Einbindung des Individuums in den Komplex Nationalsozialismus; die Reaktionsformen werden vor der Folie der Kenntnis des kulturellen und politischen Gesamtzusammenhanges beschrieben, allgemeine und individuelle Lebensbedingungen herangezogen. Vor allem letztere wirkten oft prägend: Ingeborg Teuffenbach und Erika Mitterer heirateten 1937, nach dem „Anschluss“ wurden sie Mütter. Diese ganz persönlichen Erfahrungen zeitigten mit Auswirkungen auf das Schreiben, vor allem in der Wirkung nach außen. Teuffenbach stand in Wien im Zentrum literarischer Aufmerksamkeit, während Mitterer - ebenfalls in Wien lebend - öffentlich kaum in Erscheinung trat. Interessanterweise bewegten sich ihre Einkünfte trotzdem fast auf Gauleiter-Niveau (z.B. 24.271 Reichsmark/1941; Gehalt eines Gauleiters 30.000 Reichsmark).
Die für das Forschungvorhaben ausgewählten Frauen repräsentieren in ihrer Reaktion auf den Nationalsozialismus besonders ausgeprägte Verhaltensmuster. Die Bandbreite der Reaktionsformen reicht von vorbehaltloser NS-Begeisterung bis hin zum Widerstand gegen das Dritte Reich. Ingeborg Teuffenbach verkörpert den Typus der erfolgreichen, vom politischen System geförderten Autorin, Erika Mitterer jenen der Inneren Emigratin, Veronika Rubatscher schließlich symbolisiert den Übergang von Innerer Emigration zum Widerstand. Eine eindeutige Zuordnung kann bisher nur bei Teuffenbach erfolgen, zu mannigfaltig sind die Probleme im Umfeld des Begriffes Innere Emigration. Wie Teuffenbach den Bereich ns-konforme Reaktionsformen vertritt, so steht Rubatscher am anderen Ende der nicht ns-konformen Reaktionsformen, während Mitterer den Übergang von einer Seite auf die andere symbolisiert.
Neue methodische Überlegungen für eine genauere Bestimmung der nicht ns-konformen Reaktionsformen stellte ich mit dem Beitrag Innere Emigration in der „Ostmark“? Versuch einer Standortbestimmung im Sammelband Literatur der „Inneren Emigration“ aus Österreich (1998) zur Diskussion. Dieser methodische Ansatz bildet den theoretischen Ausgangspunkt meiner Untersuchung und soll auf den Bereich ns-konforme Reaktionsformen ausgedehnt werden. Unverzichtbar für die Beschreibung ist eine Analyse auf Werkebene, d. h. eine Untersuchung der im Nationalsozialismus von den Schriftstellerinnen verfassten Literatur. Hier muss vor allem im Bereich der nicht ns-konformen Verhaltensweisen eine differenzierte Relation zu Begriffen wie „verdeckte Schreibweise“, „Camouflage“, „Sklavensprache“ etc. hergestellt werden.
Ziel des Forschungsvorhabens ist der Entwurf einer beschreibenden Typologie von Verhaltensmustern weiblicher Schriftsteller im Nationalsozialismus, mit deren Hilfe eine Masse von Einzelphänomenen systematisch geordnet werden kann. Auf diese Weise wird empirische Vielfalt systematisch gegliedert und andere Reaktionsformen können in das breitgefächerte Spektrum eingeordnet werden.
Projektleitung: Dr.in phil. Karin Gradwohl-Schlacher
Fördergeber: FWF (Hertha-Firnberg-Stelle)
Raoul Hausmann
Raoul Hausmann (1886/Wien-1971/Limoges), Schriftsteller und Maler, Lautpoet und Photograph, Pamphletist und Collagist, Klytemnästra-Komplex-Entdecker, Tänzer und einiges mehr, war einer der Mitbegründer der Berliner Dadabewegung und zugleich einer ihrer provokantesten und schillerndsten Akteure. Sein Leben gleicht einer „permanenten Emigration“ (Alfred Kolleritsch, 1966): Aus Wien gebürtig, übersiedelt er um 1900 mit den Eltern nach Berlin, muß 1933 insbesondere wegen seiner politischen Satiren aus Nazi-Deutschland emigrieren, gelangt über die Exilstationen Paris, Barcelona, Ibiza, Zürich, Prag und wieder Paris 1939 nach Peyrat-le-Château (Westfrankreich) und zieht sich 1944 nach Limoges zurück. Dort beginnt er im Alter von 58 Jahren ein umfangreiches Spätwerk, arbeitet trotz fast völliger Erblindung in ungebrochener Schaffenskraft multimedial weiter, lebt bis zu seinem Tod (1971) weitgehend vergessen, isoliert und in ziemlich armseligen Verhältnissen.
Im Zuge der allgemeinen Dada-Renaissance seit den frühen 1980er Jahren schenkte man zwar allmählich auch dem selbsternannten „Dadasophen“ größere Aufmerksamkeit, und sein impulsgebender Beitrag zur Literatur und Kunst nach 1945, gerade in Österreich, fand zögerndes, aber doch nachhaltiges wissenschaftliches Echo. Nur „Texte von Hausmann waren nicht leicht zu erreichen und sind es bis heute nicht.“ Dieser Missstand, den Ernst Jandl 1966 einklagt und der sich seither kaum merklich verbessert hat, liegt nicht unwesentlich in der Situation des Hausmannschen Nachlasses begründet, der zersplittert ist und unaufgearbeitet blieb.
Der schriftliche Hauptnachlass Raoul Hausmanns, bis vor kurzem in der Obhut seiner langjährigen Lebensgefährtin Marthe Prévot, bildet die Basis für ein im Oktober 1993 am Institut für Germanistik der Universität Graz angelaufenes Projekt, das aus Mitteln des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanziert wird. Marthe Prévot, der Hausmann vermittels einer „Procuration“ 1942 „le droit de disposer de tous mes biens et avant tout de toutes mes oeuvres littéraires“, also sämtliche Urheber-, Publikations- und Übersetzungsrechte übertragen hatte, gestattete unserem Projekt die Sichtung, systematische Ordnung und wissenschaftliche Erschließung der nachgelassenen Schriften. Nach langjährigem „Gerangel um das Erbe“ ist das endgültige Schicksal des Hauptnachlasses (ein größerer Teilnachlass befindet sich in Berlin) nunmehr besiegelt: Die gesamte Korrespondenz von/an Hausmann sowie sämtliche Text-Konvolute, die bis vor gut einem Jahr noch in der ehemaligen Wohnung Hausmanns lagerten, wurden vom Musée départemental von Rochechouart angekauft und in ein eigens dafür eingerichtetes, wenn auch noch im Aufbau begriffenes Raoul-Hausmann-Dokumentationszentrum überstellt. In dem etwa 40 km von Limoges entfernten Schloß von Rochechouart befinden sich bereits wesentliche Bestände des bildnerischen und photographischen Nachlasses, neben Berlin die größte Kollektion Hausmannscher Werke überhaupt. Die im Rahmen unseres Projektes im November 1993 begonnene Archivierung der Schriften Hausmanns kann in Zukunft direkt auf Schloß Rochechouart fortgesetzt werden; das gesamte Material bleibt bis zum Abschluss unserer Arbeiten Benutzerinnen und Benutzern unzugänglich.
Stellt sich bei der umfangmäßigen und inhaltlichen Abgrenzung von Dichternachlässen grundsätzlich die Frage, was denn als „literarischer“ Nachlass zu gelten habe, so liegt das besondere Problem im Fall Raoul Hausmanns in der aus seinen vielfältigen künstlerischen Aktivitäten hervorgehenden Heterogenität und zugleich Interdependenz des Nachgelassenen. Allein am Beispiel der Plakatgedichte und anderer visueller Poesie bricht sich die naheliegende Trennung von bildnerischem und literarischem Nachlass in dem Maße, wie der „Dadasoph“ zeitlebens die Überwindung starrer Kunst- und Denkkategorien anstrebte. Als Arbeitshypothese erschien es dennoch sinnvoll, von einem - im weitesten Sinn - bildnerischen und einem - ebenso weit gefassten - literarischen Nachlass auszugehen.
In seinem ersten Brief an Friederike Mayröcker vom 8. Dezember 1964 teilt Raoul Hausmann mit, dass er in seinem Leben „4 oder 5000 Seiten geschrieben habe, wovon aber seit 1916 vielleicht 500 Seiten im Druck erschienen sind“. Gingen wir ursprünglich von einer Schätzung auf maximal 5000 Blatt aus, so ergibt sich nach einer eingehenden Sichtung und Ordnung des schriftlich Nachgelassenen folgendes Bild: Von den nahezu 14.000 Manuskript- und Typoskriptseiten entfällt mehr als ein Drittel auf Typoskriptreinschriften und Varianten der in unzähligen Zeitschriften und Sammelwerken erschienenen Texte und Artikel sowie auf Druckvorlagen und verschiedene Fassungen der selbständigen Publikationen; mit rund 5000 Blatt ist auch die Korrespondenz zu beziffern, ungefähr 2000 Blatt umfasst allein das Standortkonvolut Hyle. Handschriftliche Originale liegen sowohl in loser als auch in Heftform gebundener Form vor (insgesamt etwa 2000 Blatt). Der Anteil der nicht veröffentlichten Texte - insbesondere aus den Jahren 1965-1970 - ist ebenfalls höher einzuschätzen als ursprünglich angenommen. Wenn Raoul Hausmann am 2. Juni 1969 in einem Schreiben an Otto Breicha angibt: „Es gibt beinah nichts von mir, das nicht veröffentlicht worden ist“, so entspricht dies nämlich keineswegs dem vorläufigen Befund, der an die 700 Texte als bislang unpubliziert ausweist.
Für den Text- und Briefnachlass wird ein mehr oder weniger detailliertes Verzeichnis angelegt, das dessen zukünftige Einsichtnahme und Benutzung im Raoul-Hausmann-Archiv von Rochechouart erleichtern soll. Das im Enstehen begriffene kommentierte Nachlassverzeichnis enthält neben der Registratur der in Limoges bzw. Rochechouart verwahrten nachgelassenen Schriften auch eine genaue Erhebung, Dokumentation und Beschreibung der auf verschiedene Archive, Galerien und Privatsammlungen verstreuten Teil-, Splitter-, Kryptonachlässe und Autographen; diese Bestandsaufnahme soll zusammen mit der Personalbibliographie publiziert werden und der Hausmann-Forschung verlässliche und unerlässliche Basisinformationen liefern.
Parallel zur Sichtung und Verzeichnung des Nachlasses verläuft einerseits die inhaltliche Arbeit am Material, d.h. die intensive Lektüre und Kommentierung der Texte zur Erarbeitung von Bezügen und Querverweisen; andererseits die Erstellung einer möglichst vollständigen Personalbibliographie, die über die einschlägigen Vorarbeiten (vgl. Sheppard 1980) hinausgehen und durch mehrere Register erschlossen sein wird.
Aufbauend auf diesen bibliographischen und werkanalytischen Recherchen sollen Texte von Raoul Hausmann ediert werden, vor allem solche, die bislang im „Mappengrab“ verblieben und den Horizont der Provinzstadt Limoges trotz intensivster Bemühungen des „Exilfranzosen“, sie bei deutschsprachigen Verlagen unterzubringen, nie überschreiten konnten. Die Textauswahl rückt dabei besonders wichtige, für das Gesamtwerk signifikante, bislang unvollständig oder überhaupt nicht veröffentlichte deutschsprachige Arbeiten in den Vordergrund. Daneben ist es ein Anliegen unseres Projekts, einige im deutschen Sprachraum unbekannte französische Texte Hausmanns zu übersetzen und zweisprachig herauszugeben.
Die Ergebnisse der Projektarbeit, die bereits in einen für 1996 geplanten Band über Raoul Hausmann in der Buchreihe über österreichische Autoren „Dossier“ (Literaturverlag Droschl) einfließen werden (Personalbibliographie und Nachlassverzeichnis; Aufsätze zu nachgelassenen Materialien), münden demnach direkt in die Herausgabe von ausgewählten Texten aus dem Nachlass Hausmanns ein. Nachlassedition bedeutet allgemein eine gerade im 20. Jahrhundert wichtige und vielseitige Aufgabe, die im speziellen Fall umso spannender ist, als sich das Schaffen Raoul Hausmanns durch eine herkömmliche Kunstkategorien sprengende Pluralität auszeichnet. Sie ist auch umso dringender, als der „Dadasoph“ zu Lebzeiten nicht den Erfolg und die Anerkennung für sich verbuchen konnte, die ihm aus heutiger Sicht - gerade aus österreichischer - hätten zukommen müssen. Die ausgewählten Texte sollen im Sinne einer historisch-kritischen und zugleich „lesbaren“ Ausgabe aufbereitet, annotiert, mit einem Vor- bzw. Nachwort versehen und - „hausmanngerecht“ - durch zugehörige Bilder, Photographien und Zeichnungen illustriert werden. Sie verfolgen das gemeinsame Ziel, Raoul Hausmann einer breiteren literarischen und literaturwissenschaftlichen Öffentlichkeit und damit wissenschaftlicher Untersuchung überhaupt zugänglich zu machen.
„Eine Herausgabe aller meiner Werke?“ - Diese Frage, die Raoul Hausmann 1969 an Friederike Mayröcker richtete, steht - trotz des Wissens um die erbrechtlichen, finanziellen und zeitlichen Widrigkeiten - mit ihrem hoffnungsvollen und zugleich skeptischen Unterton auch über unserem Projekt, das mit exemplarischen Editionen einen ersten Meilenstein zu den „Gesammelten Schriften“ Raoul Hausmanns setzen will.
Projektleitung: Ao. Univ-Prof. i. R. Dr. phil. Kurt Bartsch
E-Mail: kurt.bartsch(at)uni-graz.at
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Mag.a Dr.in phil. Adelheid Koch, Mag. phil. Stefan Schwar