Johanna Fanta-Jende
Variation zwischen Dialekt und Standard
Die germanistische Sprachwissenschaftlerin Johanna Fanta-Jende untersucht sprachliche Variation zwischen Dialekt und Standard in Österreich.
Wer spricht wann wo und wie? Wie wechseln Sprecher:innen des Deutschen in Österreich ihre Sprechweise in unterschiedlichen Situationen? Wo hört der Dialekt auf und wo fängt die Standardsprache an? Welche Unterschiede zeigen sich zwischen Stadt und Land in Österreich?
Johanna Fanta-Jende hat in Graz Lehramt für die Unterrichtsfächer Deutsch und Psychologie/Philosophie studiert. Längere und kürzere Studien- und Forschungsaufenthalte verbrachte sie in Guadalajara (Mexiko), Enschede (Niederlande), Münster (Deutschland) und Wien. 2023 hat sie ihr Doktoratsstudium im Bereich der germanistischen Sprachwissenschaft (Schwerpunkt Variations- und Soziolinguistik) an der Universität Wien absolviert. Sie ist außerdem langjährige Mitarbeiterin im SFB-Projekt „Deutsch in Österreich. Variation – Kontakt – Perzeption“ und seit Oktober 2023 PostDoc am Institut für Germanistik.
Wir fragen...
Was fasziniert Sie persönlich am meisten an Ihrem Fachgebiet?
Mich fasziniert das Gegenwartsdeutsche in all seiner Vielfalt, vor allem in der gesprochenen „Alltagssprache“. Für viele Menschen in Österreich gilt das Konzept der „inneren Mehrsprachigkeit“, was bedeutet, dass ihnen sprachlich mehrere Varianten (z. B. Erdäpfel vs. Kartoffel) und Varietäten (z. B. Dialekt vs. Standardsprache/„Hochdeutsch“) zur Verfügung stehen, zwischen denen sie (einigermaßen) flexibel hin- und herwechseln können. Ich selbst identifiziere mich damit, ein sprachliches „Chamäleon“ zu sein und meine Sprechweise an die Situation, mein Gegenüber oder den Gesprächskontext anzupassen.
Die Erforschung dieser „vertikalen“ Dimension von Sprache – im Gegensatz zur Horizontalen, die sich üblicherweise mit Sprache im Raum befasst (z. B. Unterschiede in den Dialekten zweier Orte, Unterschiede in den Standardsprachen zweier Länder) – ist gerade für den österreichischen Sprach- und Dialektraum noch weitestgehend unterrepräsentiert. In meiner Arbeit versuche ich zu verstehen, wie sich dieses „Switchen“ und „Shiften“ auf der Dialekt-Standard-Achse strukturell und funktional gestaltet, sowohl zwischen unterschiedlichen Personen (z. B. ältere und jüngere) als auch zwischen unterschiedlichen Dialekträumen (Bairisch und Alemannisch) sowie zwischen Stadt und Land. Dabei spielen natürlich auch aktuelle Sprachwandelprozesse und die Wahrnehmungen von Sprecher:innen (z. B. zum vermeintlichen Rückgang des Dialekts) eine wichtige Rolle.
Was ist das Lustigste, was Ihnen bisher in Ihrer Arbeit passiert ist?
Grundsätzlich ist die Feldforschung, die neben Lehre und Wissenschaft einen wichtigen Teil meiner Tätigkeit darstellt, häufig sehr unterhaltsam. Ich habe in mehreren Dörfern (im Süden) Österreichs Menschen zu Hause besucht, um ihren Dialekt aufzuzeichnen, und dabei unfassbar herzliche, spannende, „hetzige“ und manchmal sogar rührende Situationen erlebt. Einmal hat beispielsweise eine schnarchende Bulldogge die Tonaufnahmen gestört, ein anderes Mal wurde während unserer Erhebung im Stall nebenan ein Kalb geboren, das ich mir im Anschluss anschauen durfte. Wiederum ein anderes Mal hat ein 4-jähriges Enkelkind immer begeistert die Dialektantworten herausposaunt, die im Rahmen eines Sprachproduktionsexperiments an den Großvater gerichtet waren. Grundsätzlich war jeder Besuch einzigartig und die Leute haben mir eine unfassbare Herzlichkeit und Gastfreundschaft entgegengebracht.
Was gefällt Ihnen am Uni-Standort Graz besonders gut?
Da ich in Graz mein Diplomstudium absolviert habe, kenne ich die Stadt sehr gut. Graz ist mir immer schon außerordentlich jung, lebendig und dynamisch vorgekommen. Es hat die ideale Größe, einen schönen und zentrierten Uni-Campus, eine rege Kunst- und Kulturszene sowie eine beachtliche Auswahl an urigen „Beisln“ und erstklassigen Restaurants – insgesamt also die besten Voraussetzungen für einen tollen Studien- oder Arbeitsort.